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Alles eine Frage des gesunden Menschenverstandes?

„Kein Ding auf dieser Welt ist besser verteilt als der gesunde Menschenverstand“

„Kein Ding auf dieser Welt ist besser verteilt als der gesunde Menschenverstand“, sagt René Descartes in seinem Buch Abhandlung über die Methode. Doch gibt es diesen gesunden Menschenverstand überhaupt? Im Fach Sozialwissenschaften stellen die Lernenden subjektive und oft unüberprüfte Überzeugungen in Frage.


Ines Dietrich, Lehrperson für Soziologie, Psychologie und Philosophie
1. März 2019

   

V. l. n. r.: Ines Dietrich, Robert Langnickel, Kathrin Keller

Das Fach Sozialwissenschaften
Unter dem Oberbegriff Sozialwissenschaften sind drei heterogene Disziplinen zusammengefasst: die Psychologie, die Philosophie und die Soziologie. Alle drei Disziplinen betrachten den Menschen als soziales Wesen – allerdings aus unterschiedlichen Perspektiven. 

    In der Psychologie erfahren die Lernenden, dass die wissenschaftliche Psychologie oftmals zu anderen Ergebnissen gelangt als die sogenannte „Alltagspsychologie“. Kurz: Den „gesunden Menschenverstand“ gibt es nicht. Vielmehr ist er ein ideologisches Konstrukt. Und so wird der Mythos des gesunden Menschenverstandes im Unterricht durch psychologisches Fachwissen ersetzt.

    In der Philosophie entdecken die Lernenden die Vielfältigkeit des Argumentierens und erkennen die Komplexität und auch historische Bedingtheit unserer Vorstellungen von Gut und Böse. Sie stellen Fragen nach dem richtigen und guten Leben, dem individuellen und kollektiven Glück oder nach der Notwendigkeit eines Staa-tes. 

    Die Soziologie ist die Wissenschaft von der Gesellschaft. Sie geht Fragen nach den Bedingungen und Wirkmechanismen sozialen Zusammenlebens nach. Die Lernenden setzen sich mit Erwartungen und Zurechnungen sowie Werten und Normen auseinander und nehmen Alltagsbeispiele von sozialen Interaktionen zu Hilfe, um den Bezug zur Soziologie greifbar zu machen.

Trotz der grossen Unterschiede dieser drei Disziplinen gibt es zahlreiche Verknüpfungsmöglichkeiten und Aktualitätsbezüge zu Themen wie der Aufklärung oder der Modernisierung und Rationalisierung.  Diese erkennen die Lernenden im Laufe ihrer Ausbildung.

Zudem: Das eingangs erwähnte Zitat zum gesunden Menschenverstand von Descartes endet mit: „denn ein jeder fühlt sich damit angemessen ausgestattet“. Auf unsere Limitierung weist das Fach Sozialwissenschaften die Lernenden kontinuierlich hin. 

Fachschaftsinterne Weiterbildung
Als Lehrpersonen möchten wir die Lernenden auf Berufsmöglichkeiten in Feldern wie der Arbeits-, Sozial- und Bildungsberatung, dem Gesundheitswesen sowie der Unternehmensberatung aufmerksam machen. Dazu besuchen wir im Rahmen der fachschaftsinternen Weiterbildung soziale Institutionen, die mögliche Berufsfelder für die Lernenden bereithalten.

Neben der Psychiatrie Münsterlingen, der KESB und der Mütterhilfe/Arche in Zürich besuchten wir auch das Gefängnis Gmünden. Hier trafen wir den stellvertretenden Direktor, der uns durch das Gefängnis führte. Es zeigte sich, dass es auch im Ge-fängnisbetrieb zahlreiche Berufsfelder gibt, die für die Lernenden interessant sein können. So braucht es beispielsweise die soziale Arbeit für die Aufarbeitung des Delikts. Aber auch Seelsorger, der Gesundheitsdienst, Arbeitsagogen und Bewährungshelfer werden benötigt.