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Auch Fruchtfliegen können lernen

Neben dem Unterricht ist Dr. Annina Huser von Fruchtfliegen fasziniert.

Der Prozess des Lernens bzw. die Ausbildung eines Gedächtnisses interessiert Dr.Annina Huser sehr. Das ist einer der Gründe, warum sie seit 2008 am BZWW Naturwissenschaften unterrichtet. Neben dem Unterricht fasziniert sie aber noch etwas ganz anderes: Fruchtfliegen.


Dr.Annina Huser, Lehrperson Naturwissenschaften

Vor sechs Jahren nahm ich ein Doktorat an der Universität Kons�tanz an. Meine Forschungsobjekte waren Fruchtfliegenlarven. Ja, Fruchtfliegen oder auch ‹Drosophila melanogaster› genannt. Diese machen uns im Sommer zwar in der Küche das Leben schwer, sie haben aber auch eine ganz andere Seite: Fruchtfliegen können ler�nen und werden seit über 100 Jahren in der Forschung als Labor�tiere gezüchtet.

3D-Rekonstruktion von Nervenzellen und ihren Verschaltungen
Interessant für die Forschung sind dabei die genetischen Werkzeu�ge. Diese ermöglichen es, eine spezifische Manipulation von defi�nierten Zelltypen durchzuführen. Diese Technik wird genutzt, um Verhaltensdefizite oder die Lokalität von einzelnen Nervenzellen nachzuweisen. Zudem ist das zentrale Nervensystem von Frucht�fliegen im Verhältnis zu anderen Organismen – besonders im Ver�gleich zum Menschen – sehr einfach aufgebaut. Dies ermöglicht es, gewisse Gehirnregionen so genau zu studieren, dass nicht nur alle beteiligten Nervenzellen definiert, sondern auch Verschaltungen zwischen den Nervenzellen nachgewiesen werden können.

Ich hatte das Glück, bei einer Kooperation mit amerikanischen For�schungsgruppen mitzuwirken. Diese hatte das Ziel, eine für das Ler�nen zentrale Gehirnregion zu entschlüsseln. Wir konnten mithilfe von mikroskopischen Bildern alle bei der Gedächtnisbildung betei�ligten Nervenzellen charakterisieren und mit 3D-Modellen darstel�len. Und sogar das Netz aller Verschaltungen konnte so aufgezeigt werden.

Für Lernprozesse braucht es Amine im Gehirn
Mein Fokus lag bei der Erforschung der biogenen Amine im Lern�prozess. Biogene Amine sind Stoffe, die als Botenstoffe agieren und so eine Reizweiterleitung zwischen den Nervenzellen ermöglichen. Dazu gehören Serotonin und Dopamin, die auch beim Menschen als Neurotransmitter oder Hormon wirken und die unterschiedli�che Prozesse steuern. Um herauszufinden, wo im Gehirn der Frucht�fliegenlarven die verschiedenen biogenen Amine lokalisiert sind, haben wir die Gehirne herausseziert und in Lösungen mit fluores�zierenden Markern gebadet. Dadurch wurden die entsprechenden Regionen unter dem Mikroskop durch Leuchten erkennbar und konnten charakterisiert werden.

Zusätzlich haben wir die Fliegenlarven in Schalen konditioniert – analog zum berühmten Experiment von Pavlov und seinen Hunden. Dabei verwendeten wir negative Reize wie Salz, die mit einem Duft gepaart wurden. Nach dieser Paarung lernten die Larven, die an�fänglich attraktiven Duftregionen zu meiden. Mit dieser Methode konnte ich aufzeigen, welche biogenen Amine beim gedächtnisba�sierten Verhalten wahrscheinlich direkt oder indirekt involviert sind.

Die Forschungsarbeit war äusserst spannend und bereichernd. Und eines ist auch nach Abschluss des Doktorats geblieben: Meine Fas�zination für Fruchtfliegen.

Tipp: Beobachten Sie doch einmal eines der Tiere (vorzugsweise ein etwas bedusseltes, welches ins Weinglas gefallen ist). Hat es einen gestreiften Hinterleib? Dann ist es ein Weibchen. Ist er schwarz, so ist es ein Männchen.